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Samstag, 16. März 2002
weltabgeschieden
knoerer
14:25h
Nachrichten aus einer fremden Welt, die gewiss die des 19. Jahrhunderts ist, und darum doch nicht weniger anrührend. Es schwankt dies beides zwischen mir sympathischster Weltfremdheit, wie sie so nur noch bei durch die besten Schulen des literarischen Gefühls gegangenen Geisteswissenschaftlern möglich ist, und einer - sei es bewussten - Leugnung der Realitäten, die man sich selbst gerade nicht durchgehen lassen will. Der Germanist Gerhard Neumann - selbst ein sehr angenehmer, bescheidener älterer Herr, von dem man sofort glaubt, dass die beschriebene Sympathetik natürlichste Maxime seines Handelns ist - sieht die letzte Rettung des Zusammenlebens in der Gabe (mit Derrida zu sprechen) der Höflichkeit, die nichts erwartet, die, in einer paradoxen Arithmetik, in ihrem Herausfallen aus allen Erwägungen des rational choice, das letzte verbliebene Humanum wäre. Aber, bei aller Sympathie: klingt das nicht auch nach: Der Punkt, aus dem heraus eine dem Zerfall anheimgegebene Gesellschaft kuriert werden könnte? Muss das große Pathos sein, das direkte Andocken an eine Philosophie der Dekonstruktion (und hier, im Bezug auf Levinas, von ihrer theologischsten Seite), die jeden sozialen, soziologisch zu beschreibenden Zusammenhang aus dem eklatant Kontrafaktischen heraus übersehen oder denunzieren will? Wie gesagt, ich weiß es nicht und es zieht mich für und wider, wenn ich es lese: "Ist es nicht die extreme Unwahrscheinlichkeit sympathetischen Handelns, die hier - ohne jede Hoffnung auf einen herrschaftsfreien Diskurs zwischen Menschen - doch für einen auratischen Augenblick gestisch fühlbar macht, was der Fall sein könnte in einer humanen Gesellschaft? Gesten der Höflichkeit öffnen einen Raum für jene Utopie gegenseitiger Achtung, die eine Sozietät braucht, um zu überleben. Vielleicht sind Gesten der Höflichkeit die einzige Form, wie überhaupt Alterität - ein schöner Begriff von Emmanuel Levinas für das Sich-Einlassen auf den anderen - für einen Moment zwischen Menschen vermittelbar wird. Bringen solche Gesten nicht wie ein Wunder Freundlichkeit zum Vorschein?" Und das hier, als Nachruf auf Gadamer, ist vielleicht eine kitschige Vignette, aber die so beschriebene Weltabgeschiedenheit (die doch gewiss auch viel mit Ignoranz allem Gegenwärtigen gegenüber zu tun hat) rührt erst recht an einen Sehnsuchtspunkt, der vermutlich nur denen vertraut ist, die zu viel frühen Goethe, Tieck oder Eichendorff gelesen haben: "Solange er es konnte, ging er am Lungomare Caracciolo spazieren und ließ sich dabei gern von seinen Schülern begleiten, um über die Griechen zu sprechen. Es schien uns, als kehre mit ihm die Philosophie an ihre Ursprünge zurück, peripatetisch, fragend und brüderlich, als eine Botschaft und Frage von Mensch zu Mensch, während der Klang seiner Worte, seines überaus persönlichen, ebenso unwahrscheinlichen wie verführerischen Italienisch sich in dem Blick und in dem Lächeln verlor, mit dem er das Meer betrachtete."
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