Donnerstag, 1. April 2004
zoo
knoerer
15:13h
Bei meinem letzten New-York-Aufenthalt habe ich mich nicht in die Bronx getraut. Vor ein paar Tagen las ich in einem Stadtführer, den ich bei Barnes & Noble durchblätterte, dass es keinen Ort mehr gibt in der Stadt, an den man sich tagsüber nicht wagen dürfe. Also in die U-Bahn Nummer 2 gestiegen und vorsichtshalber doch das sicherste Ziel gewählt: den Zoo, bei scheußlichem Wetter, kühl, ein feuchter Sprühniesel, der stets kurz davor scheint, sich in richtigen Regen zu verwandeln. Kaum jemand unterwegs, ein paar Mütter oder Väter oder Familien mit Kindern, zwei orthodoxe jüdische Familienväter auch mit Kindern, Jungs, auch sie schon mit diesen Seitenlocken, auf dem Kopf haben die Väter einen großen Hut, den man nicht sieht, dessen unförmige Form man ahnt unter der schwarzen Plastiktüte, die ihn gegen Durchfeuchtung schützen soll. Hinter dem Glas schleicht auf dem offenbar kürzlich eingerichteten Tiger Mountain ein Tiger vorbei. Der Bronx Zoo ist ein Park, durchflossen vom Bronx River und an einem schönen Tag ist der Spaziergang gewiss ein Traum. Ich flüchte mich eher ins Geschlossene, die World of Birds und dann eine wenig einladende, flache, schwarze Dreiviertelrotunde: World of Darkness. Es ist wirklich finster und hinter Glas im erst nach und nach durchdrungenen Dämmer Tiere, die ich noch nie gesehen habe. Der Loris, ein kleines Pelztier, das als slow motion animal beschrieben wird. Ein paar Schritte weiter der Slow Loris, der gerade über einen Ast am Fenster vorbeiklettert, so laaangsam wie die Musik, die mir die liebste ist. Nacktmulle auch, die winzig sind und in deren Gängen eine Live-Kamera installiert ist, an der eines der Tiere gelegentlich vorbeihuscht. Real Life, aber Ozzy Osbourne sieht entschieden besser aus. Umgehauen hat mich die Cloud Rat (Google informiert mich, dass es eine deutsche Wolkenratte nicht gibt), die die größte Ratte der Welt ist und wahrhaft, ich übertreibe nicht, so groß wie eine Katze (wenn auch nicht ganz so groß wie unsere Katze), man wähnt sich gleich in einem postapokalyptischen Katastrophenfilm. Südlich des Zoos das Little Italy der Bronx. Alle paar Meter flattert eine große Fahne rechts und links der Straße an einem Mast, grün-weiß-rot, und verkündet es: das Little Italy der Bronx. Belmont heißt der Stadtteil, eine Pizzeria neben der anderen, allerdings scheinen viele Läden geschlossen. Es gibt hier die besten italienischen Restaurants der Stadt, habe ich gelesen. Die Arthur Avenue hinuntergegangen, die 187th Street zur Seite (interessanterweise zählen in der Bronx die Straßen Manhattans einfach weiter), sie sind urban, belebt, abwechslungsreich. Verlässt man sie, kommt man rasch an weniger einladenden Häuserblöcken vorbei, viel Stacheldraht, gated communities der anderen Art. Ganz offenkundig leben hier keine Reichen, die die Armen draußen halten wollen, aber doch die, die etwas haben und die, die nichts haben, nicht reinlassen. Ein kleine Tafel verkündet, daß das im Einklang mit Erlass soundso der Stadt New York steht, der den ziellosen Aufenthalt an diesen Orten untersagt: No loitering. Am Eingang zu den mit schwere Metallzäunen abgegrenzten Blöcken eine Drehtür wie an vielen U-Bahn-Stationen , dahinter ein Security-Mensch. Auf der Rückfahrt mit der 2, die die ganze Bronx hindurch eine Hochbahn ist, bekommt man doch einen Eindruck. Vor allem scheint die Bronx stark zersiedelt, immer wieder Brachflächen, auf denen sich Unmengen von Müll finden, Plastik, Dosen, der Abfall einer Verpackungskultur. Dann Viertel, in denen kleine Reihenhäuser, eines sieht aus wie das andere, manche in einem seltsamen Fachwerkstil, nebeinander stehen, ein winziger Vorgarten, der zu drei Vierteln vom großen Wagen eingenommen wird. Dann wieder, direkt unter der Hochbahn, belebte Einkaufsstraßen, die sehr an die Roosevelt Avenue in Jackson Heights erinnern. Später nachgelesen, daß es nicht nur Riverdale gibt in der Bronx, eine der besten Wohngegenden New Yorks, direkt am East Reaver gelegen, sondern auch die City Island, eine Insel im Meer- und Flussland im Osten, ein Idyll, das man mit Bus Nummer 29 erreicht. Vielleicht schaffe ich das noch, bei schönerem Wetter.
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last updated: 26.06.12, 16:35 furl
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