Sonntag, 30. Dezember 2007
'snuff is 'snuff

Pakistan ist also das, was wir Ethnologen eine Telefonhörspielkultur nennen. Bei der Mordszene handelte es sich dann wohl auch nur um die Dreharbeiten zu einem Snuff-Video:

Bei dem angeblichen Telefonat zwischen Mehsud und einem Islamisten über Bhuttos Tod, auf das sich das Innenministerium zum Beleg der Verantwortung Mehsuds berufen hatte, handele es sich um ein "Hörspiel", sagte der Sprecher. [q]

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nicht enden wollendes

In Erschöpfungsphasen sehe ich abends fern. Gerade ist eine Erschöpfungsphase, glaube ich. Ich sehe jedenfalls abends fern. Es zwingt mich niemand, ich bin kein Medienjournalist, der sich das aus beruflichen Gründen ansehen müsste. Wie Stefan Niggemeier zum Beispiel, der sich das alles aus beruflichen Gründen ansieht, wofür ich ihn sehr bewundere, denn ich könnte das nicht. Da würde ich, glaube ich, lieber Wasseruhren zusammenbauen, was ich vor vielen Jahren einmal gemacht habe und was mir bis heute einen Begriff von der Ödnis gewisser Tätigkeiten gibt, mit denen viele Menschen ihr Leben verbringen. Da würde ich, glaube ich, lieber Taxi fahren, was ich vor vielen Jahren auch mal gemacht habe und was mir bis heute einen Begriff von der Ödnis manchen Lebens gibt, in das man bei diesem Beruf durchs Durchdiegegendchauffieren einen Einblick erhält. Ich muss aus beruflichen Gründen jeden Tag das Feuilleton der FAZ lesen und schon das ist manchmal Strafe genug. Gestern abend, ich war erschöpft, ich hatte am Tag angefangen, Simon Sebag Montefiores aus mir völlig unbegreiflichen Gründen abgefeiertes Buch "Stalin. The Court of the Red Tsar" zu lesen, gestern abend landete ich bei Dieter Thomas Heck. Gefeiert wurde sein siebzigster Geburtstag und sein Abschied vom Bildschirm. Gut, letzterer wurde in einem anderen Sinn gefeiert, genauer gesagt von allen ganz ausdrücklich eher bedauert, aber Sie wissen schon, was ich meine. Neulich abends bin ich übrigens, das war wohl der Beginn der Erschöpfungsphase, bei einer ganz ähnlichen Veranstaltung gelandet, es war Pro Sieben, da wurde Michael Mittermeiers zwanzigjähriges Bühnenjubiläum gefeiert und sein Abschied, wenn ich recht verstanden habe, für ein Jahr vom Bildschirm. Die Abende ähnelten sich sehr, schon darin, dass sie nicht enden wollten. Aber auch darin, dass neben den vielen Fernseh- und anderen Prominenznasen, die zum Gratulieren im Studio saßen und durchs Studio liefen, immerzu Gratulanten-Einspieler kamen, die man in großen Fenstern am Bildschirm sah, während im kleinen Fenster am Bildschirm der Gefeierte in seinen Reaktionen aufs im Einspielfenster von der Prominenznase Gesagte zu reagieren hatte. Mit Tränen der Rührung, versteht sich, im besten Fall. Bei Michael Mittermeier war William Shatner die führende eingespielte Prominenznase, bei Dieter Thomas Heck war es Helmut Kohl. Dazwischen, denkt man, liegen Welten. Andererseits auch wieder nicht. Wie eben überhaupt die beiden nicht enden wollenden Abende einander sehr glichen. Thomas Hermanns hier, Johannes B. Kerner da. Vergreister Jugendhumor hier, aufgetaute Seniorenjovialität da. Addiert man das eine zum anderen, kommt etwas wie das uncoole Gesamtfernsehdeutschland raus. Das ist durchaus flächendeckend, der Rest ist Nische (9 Live hier, Arte da). Das Mittermeier- wie das Heck-Biotop sind mir auf unterschiedliche Weise nicht vertraut, bei Heck habe ich aber alles in allem mehr gestaunt. Da war nämlich die, wie soll man sagen, Gesamtzdfhaftigkeit unserer Gegenwart zu bewundern, die der Gesamtprosiebenhaftigkeit einiges sowohl an Uncoolness als auch an gesamtgesellschaftlicher Prägekraft voraus hat. Da war nämlich zu sehen: Wenn die Deutschen älter werden, dann werden sie so, wie sie schon immer waren. Man darf sich nicht täuschen, das war keine Nostalgie-Sendung, sondern ein Blick in die Zukunft. Und deshalb muss man die Gesamtprosiebenhaftigkeit nur als Frühstadium der Vergreisungsformen der Gesamtzdfhaftigkeit begreifen. Wer heute noch jung ist, wird morgen, heißt das, mit einer in der genauen Mitte zwischen Gianna Nannini und Stefanie Hertel gelegenen Nicole herumschluchzen, wird mit einer Riege von DDR-Zombies über sieben Brücken gehen, wird sich mit Kurt Beck sowie Dieter Althaus sowie Johannes B. Kerner duzen, wird von Wolfgang Schäuble und Helmut Kohl herzlichen Dank erfahren, wird Lieder einsingen, die zur Wahl der CDU aufrufen und wird von Udo Jürgens geküsst. So wird das enden. Ich habe gelegentlich zum ARD-Scheibenwischer-Jahresrückblick geschaltet, wo ein Mann, den ich nicht kannte, mit Pferdeschwanz am Klavier saß und völlig zu Recht über Henryk M. Broder schimpfte. Ich habe später, als der Abend mit Heck noch immer nicht enden wollte, zum Boxen rübergeschaltet, wo Waldemar Hartmann mich begrüßte und wo ein denkbar plump aussehender weißer Mann von einem denkbar elegant aussehenden schwarzen Mann die Hucke vollbekam. Das aber machte nur deutlich: Dem Fernsehen entkommt man durch Umschalten nicht.

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