Sonntag, 6. Januar 2008
rimini protokoll, breaking news, hau 2, 5.1., ab 19.30 uhr

Wir holen uns die ganze Welt ins Hau. Grün sind die Bildschirme, wenn auf ihnen nichts zu sehen ist. Am Anfang, am Ende. Nicht sofort kommt die Welt, in Nachrichtenbildern. Vorher erklärt sich das Riminiprotokolllebensechtpersonal. Die Übersetzerin, die diverse indische Sprachen spricht und deutsch sowie englisch auch. Die junge Frau, die aus dem Russischen und Englischen übersetzt, der freundliche Isländer, der im Verlauf lange mit seinem Fernsehbildliveübertragungslaptop kämpft. Der Herr van Rossum mit Kopfstandmedienkritik. Oben drüber der Fernsehmann, der es, irgendwie nicht so überzeugend, mit Aischylos hat. Insgesamt tut der Aischylos nicht, was er soll, er gibt den eigentlich niemals hysterischen Livezuständen keine Klammer, sondern treibt als Trumm zwischen Trümmern. Was nicht verkehrt sein muss, denn das Treiben der Trümmer hat seinen Charme. Höchstens fehlt im Gegenteil ein wenig das Tohuwabohu. Ein Abend, der Intermezzo an Intermezzo reiht und dazwischen ist alles und nichts. Natürlich wie immer erfahren wir was aus der Beteiligten Leben und wie meistens ist das alles andere als uninteressant. Diesmal aber fährt die Nachrichtenwirklichkeit als vermittelte immer dazwischen. Man geht mir ihr um, indem man sie übersetzt, so gut es halt geht. Da fährt also Putin Ski. Da sehen wir also Pferde im Pixelgewirr vor dem Rathaus von Reyjkavik. Da geht es also um eine uruguayische Zellulosefabrik. Da steht also der Herr van Rossum vor der Tagesschau auf dem Kopf. Da ist also der Herr Dschingkiskhan als syrischer Kurde bei Präsident Bush, den er der Einfachheit halber im Reenactment selber spielt. Da gibt es also sehr viele arabische Sender. Da erfahren wir also manches über die Arbeit bei AFP. Da werden also zwischendurch die Bilder angehalten. Da kritisiert also irgendwann Angela Merkel die SPD. Da kommt also nach dem Intermezzo ein weiteres Intermezzo. Das, das da und da und da, ist die Form dieses Abends. Eines Abends, in dem man sich als Zuschauer nicht einrichten kann, weil es immer schon weitergeht. Weil der Schauplatz wechselt. Weil ein anderer jetzt spricht und übersetzt. Weil sich ein Zusammenhang auch durch die Perser nicht herstellt. Ein zerfahrener Abend, der das Zerfahrene nicht noch einmal zur Form formt, aber vielleicht ist gerade das ja eher gut. Man ist schon Auge und Ohr als einer, der im Publikum sitzt. Man macht schon eine Erfahrung zwischen den Bildern aus aller Welt und den Erzählungen in den Intermezzi, die die Intermezzi immer wieder unterbrechen. Es gibt eine Regie, aber die liefert beinahe schon wieder souverän sich der Unterbrechung aus. Ein Umgang mit losen Kopplungen, der mit vielem rechnet und geradezu wünscht, dass dies oder jenes nicht klappt. Der wünscht, dass das vom Skript Gewünschte sich, jedenfalls zwischendurch, nicht erfüllt. Also kommt es zu Pannen und alles ist gut. Das Personal, das sich sehr überzeugend als Darstellungsamateurpersonal darstellt, steht inmitten der ganzen Welt und macht die Bühne dabei zu einem provisorischen Raum. Die Einrichtungsgegenstände und Bildschirme und Nachrichtensprecher und das Regiepersonal sind halt da. Der ganze kabeldick-technische Aufwand zeugt irgendwie nicht von Perfektion. Es tritt der Zwischenfall ein. Dann geht es genauso weiter.

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