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Freitag, 11. Februar 2005
Berlinale. Kon Ichikawa: Yukinojos [sic] Rache (Japan 1962/3; Retrospektive)
knoerer
18:45h
Ein gelegentlicher Besuch in der Retrospektive muss sein: Zum einen alsEntschädigung für all die mediokren Filme, die man während der langen Berlinale-Tage zu sich nimmt, zum anderen auch, um den Blick auf die Leinwand wieder zu kalibrieren, der sich ans Mittelmaß zu gewöhnen droht. So ist es nicht nur ganz unwahrscheinlich, dass in irgendeinem der Säle auf der Berlinale dieses Jahres ein Film von der Klasse von Kon Ichikawas „Yukinojos Rache“ auftauchen wird. Man möchte auch glauben, dass jemand, der diesen Film gesehen hat, zu einem so lächerlichen Unsinn wie beispielsweise dem „Yukinojos Rache“ ist ein Film, der im Theater spielt und, sobald er das Theater verlässt, in einer Wirklichkeit, die zu gleichen Teilen nach den scheinbar sich ausschließenden Raumgesetzen des Theaters und des Films modelliert ist. Sogleich öffnet sich nach dem Beginn, der das Geschehen als eines auf der Bühne situiert, der Blick ins Weite. Der falsche Schnee ist echt, von einem Schnitt zum nächsten. Der Baum ist echt, die Welt ist echt. So echt die Welt des Films im Studio sein kann, wenn ein Flächenkünstler und Meister der Zweidimensionalität wie Kon Ichikawa sie in Szene setzt. Die Weite ist jedoch keine Tiefe, ein dünnes weißes Seil schwebt in der Schwärze einer atemberaubenden Kampfszene wie ein weißer Strich auf schwarzer Leinwand. Die Kamera stößt, sich oftmals mit einer der Figuren zur Seite bewegend, auf Wände, die den Blick in die Tiefe verstellen. Rasant quert der Film die Medien, denn so nah wie hier kommt das Kino der abstrakten Malerei selten, am dünnen Seil nur hängt in diesen Momenten das Bild mit der Erzählung zusammen, deren Logik es zum Schein wenigstens untersteht. Die Bühne als abgregrenzter Raum, die Weite der Leinwand als flächiger, sich aufspannender Raum und das malerische Chiaroscuro von in Bewegung gesetztem Licht- und Schattenspiel, das ist die Form dieses Films. Diese drei Darstellungs- und Bewegungsräume lässt er ineinander übergehen, setzt er zueinander in Beziehung und in sie trägt er seine Figuren ein und die Geschichten, die sie verbinden. Das Zentrum, das aber nicht alle Figuren und nicht alle Beziehungen regiert, ist die Geschichte von der Rache des Schauspielers. Drei Kaufleute haben einst in Nagasaki seine Eltern in den Tod getrieben, in Edo begegnen sie sich wieder. Er ist, als berühmter Frauendarsteller im Kabuki-Theater, der Star der Bühne und gelangt ins Haus seines Feindes, weil dessen wunderschöne, kränkliche Tochter ihn begehrt. Sie ist die Mätresse des Shoguns und verliebt hat sie sich in den Bühnendarsteller. Yukinojo aber bleibt als effeminierter Mann auch im richtigen Leben eine Kunstfigur. In Nebenhandlungen gibt es Nebenfiguren wie ein Diebespaar, das erst im Theater, dann im nie genau lokalisierbaren Draußen auf Geldbörsen aus ist. Oder einen einstigen Konkurrenten von schlechtem Charakter. Durchs Schwarz, das das Schwarz der Leinwand viel eher als das Schwarz der Nacht ist, blitzen Schwerter, auf der Tonspur flattern Gewänder. Die Kamera ist vom Imperativ des realistischen Kinos befreit, der befiehlt, Ordnung und Übersicht herzustellen immerdar. Hier kann sie sich in den Anblick eines roten Edelsteins verlieben, sich der gefilmten Wasseroberfläche überlassen, sich an die Nacht verlieren. Kon Ichikawa begreift das Kino als Komposition, als Tanz zwischen den Medien. Das Bild ist immer Kunstprodukt wie der Kabuki-Darsteller, der von der Natürlichkeit auch im richtigen Leben weit entfernt bleibt. Echt ist die Künstlichkeit, nichts anderes.
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