Dienstag, 2. August 2005
fundamentalismus

You don't have to be Osama bin Laden to think that only a horrible culture would produce an "entertainment" like Mr. and Mrs. Smith. (Armond White)

Conversely, during the two long hours of Mr. and Mrs. Smith, a deeply stupid and offensive action comedy-romance, I kept feeling I was being addressed as an obnoxious, heartless, and nihilistic grade-school brat. (Jonathan Rosenbaum)

Der Hass scheint mir interessanter als der Film. Armond White, christlich und ein aggressiver contrarian mit reaktionären Neigungen und Jonathan Rosenbaum, links, intellektuell und ein aufrechter Verfechter des Weltkinos, sind sich einig: Dieser Film verkörpert alles, was hassenswert ist an Hollywood. Ich war also - ich hatte beide Kritiken gelesen - auf einiges gefasst, nicht aber auf diese nicht weiter aufregende, aber sehr relaxt servierte Ehekomödie mit Ego-Shooter-Einlagen. Ego-Shooter ist nicht strikt richtig, es läuft aber darauf hinaus, mit professionellen Killern sollen wir sympathisieren, ungezählte (genauer gesagt: gezählte) Leichen pflastern ihren Weg. Das aber ist nicht wirklich ein Problem. Und ich habe mich bemüht, ernsthaft, wenn man so will, das als Problem zu sehen. Der Film aber verunmöglicht einem, das, was da geschieht, das, was man da sieht, Ernst zu nehmen.

Genau dagegen, scheint mir, richtet sich freilich der Hass von Rosenbaum wie White. Sie fühlen sich beleidigt, weil sie spüren, dass der Film sie darin verspottet, Ernst zu nehmen, was sie sehen. Der Film ist, das erkennt White sehr richtig, fundamental anti-fundamentalistisch, eine Sache für liberale Ironiker. White nun ist weder liberal noch ironisch, Rosenbaum zwar liberal, aber wild entschlossen, Ironie, jedenfalls diese ganz rücksichtslose Ironie, als Zynismus zu begreifen. Mir scheint das falsch. Es gibt, gewiss, nicht die Spur eines utopischen Moments in Mr. and Mrs. Smith, jeder Zugang zu einer Ebene, die nicht einzig und allein clever wäre, ist versiegelt. Das Skript - interessanterweise entstanden als Abschlussarbeit an der Columbia-Universität - ist da in jeder Hinsicht auf der Höhe seiner selbst, auch der bekanntlich recht intellektuelle Regisseur ist es. Es geht nur um die - wortspieltechnisch, nicht seelisch - raffinierte Verwechslung von Ehe und Beruf, die hier, das ist die Pointe (gewiss, die einzige), auffällig kontrastieren. Das Paar trifft sich zuhause, sie haben es gerade knapp nicht geschafft, einander umzubringen. Dialog: I missed you. I missed you, too.

Das Buch, die Regie, die Musik, die dazu immerzu ein Liedchen pfeift: Sie interessieren sich für nichts anderes als ihre Pointen und das Gesicht und die Kleidung und den Körper von Angelina Jolie und das Gesicht und die Kleidung und den Körper von Brad Pitt und wie man beides so hochenergetisch aufeinander, dann auch gemeinsam auf eine völlig anonym bleibende Mitwelt jagt, dass nichts als rauchende Trümmer bleiben. Es gibt keine Rücksichten auf realistische Darstellbarkeit, der reine "Action-Impressionismus" (sagt S.P.).

Was der Film nicht hat, ist irgendeine Tiefe. Rosenbaums wie Whites implizite Unterstellung ist die, dass er sozusagen keine Grenzen hat. Sie glauben, diesem Film ablesen zu können, dass die Gesellschaft, die so etwas hervorbringt, dass die Leute, die so etwas mögen, die Unterscheidung zwischen einer raffinierten Oberflächlichkeit und einem Diskurs der Ernsthaftigkeit nicht treffen können. Als wäre die Fähigkeit zum Registerwechsel nicht gerade das, was den Anti-Fundamentalisten auszeichnet. Nur der Fundamentalist sieht alles immer als Beleg für die Weltsicht, die er hat. Für einen liberalen Fundamentalisten wie Rosenbaum hat darin vieles, sehr vieles Platz, nicht aber eine Form von Ironie, die durch und durch geht. Er kann das Durch-und-Durch-Gehen nicht als lokal begrenzt akzeptieren. Ein Fundamentalist wie White stellt "The Passion of the Christ" dagegen, als Meisterwerk. Ich glaube, dass ich beiden Positionen die desjenigen vorziehe, der sich bei einem nicht weiter wichtigen Film wie "Mr. and Mrs. Smith" amüsiert. Schon deshalb, weil es die schlichte Wahrheit ist.

 
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last updated: 26.06.12, 16:35

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