Freitag, 2. September 2005
cambridge I
knoerer
14:34h
Jeden Morgen, bestimmt jeden Morgen, denkt man, wird der Rasen gemäht. Mit einem Gerät, das vorne schwarz das Gras schluckt, auf dem hinten, die Ohren geschützt, einer sitzt wie der Kutscher auf dem Bock: gelassen. Nur die Kurven sind nicht ganz einfach, der Rest geht von selbst, denkt man, zusehend von außerhalb: Please keep off the grass. Ein alter Herr im schwarzen Anzug, der unterm Arm einen Besenreiser trägt in dunklem Braun, ein Besen wie die Verkörperung des Störrischen. Unterm anderen Arm trägt der alte Herr im schwarze Anzug einen dunklen Eimer. Am Tordurchbruch mit den drei, vier Stufen hält er inne, stellt den Eimer ab, kehrt mit dem störrischen Reiser, ich höre das reibende Geräusch bis hier hinüber, auf die Brücke, auf der ich stehe, zusehend. Der Herr im Anzug, eine Verkörperung, aber ich weiß nicht von was, greift den Eimer, geht weiter, verschwindet. Im Bad am Waschbecken ein Hahn für heißes, einer für kaltes Wasser. Das heiße Wasser ist heiß, das kalte lau. In der Küche zwei Hebel, heiß, kalt, aber ein Hahn. Es funktioniert aber auch nicht. Der eine Wasserstrahl ist bei genauerem Hinsehen geteilt, hinten heiß, vorne lau, nichts mischt sich. Situationen, in die man gerät. Neben dir der mittelalte Herr aus Kanada, dessen Biografie, die er dir zuvor zugesteckt hat, verrät: Er hat drei Jahre im Kloster verbracht, davor an der Uni, jetzt wieder an der Uni, und nun dieser Vortrag über Aletheia bei Plato und Heidegger, Heideggers Plato-Lektüre, vorgetragen im monotonen Dahinnuscheln eines auswendig gesprochenen Gebets, für niemanden bestimmt. Wie du als Moderator nach einer Frage suchst, für den schlimmsten Fall. Und es kommt keine Frage, du hast keine Frage, du kannst nicht folgen. Du hoffst auf Fragen der Zuhörer, es kommen Fragen der Zuhörer, zu den anderen Sprechern. In der Hall an der Wand unter Holzdach die Gemälde, die vergessene Mäzene und Honoratioren der Universität seit dem 16. Jahrhundert dem Vergessen auch nicht wirklich entreißen, die bemalten Fenster, in denen Namens- und Titelkürzel an niemanden wirklich erinnern. Das Abendessen in der Hall, Teller, die von herrischen Kellnern, die einander durch die Gegend scheuchen, nicht gereicht, sondern sehr bestimmt auf den Tisch befördert werden. Ermahnungen, sich ordentlich hinzusetzen, das Handy vom Tisch zu nehmen. Rotwein gelangt aufs Jackett, zur Unhöflichkeit kommt Ungeschick. Das Essen trägt pompöse Namen, die eggs opera mischt Leberteile und Spiegelei und grünen Spargel zu einer Komposition, die dem Blick zunächst mundet, aber die Geschmackssinne graust es.
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last updated: 26.06.12, 16:35 furl
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