Montag, 12. September 2005
ein atemzug die odyssee
knoerer
10:46h
Ich bin zu früh und gehe ums Gebäude der Deutschen Oper. Auf der einen Seite lärmende Jahrmarktsmusik für fünf Leute, der Mann vom Wurststand in der Mitte der vielen leeren Bänke, bewegt sich im Rhythmus, die Kundschaft bewegt sich nicht mit, scheint fast peinlich berührt. Auf der anderen Seite spielen sich Musiker ein, zwischen den Streichern auch anhebend und verklingend Gesang, es klingt weiblich, aber womöglich ist es der Counter-Tenor. Im Foyer Edgar Reitz, der bis gestern noch in Venedig war, als Mitglied der Jury beim Festival. Auf der Bühne Salome Kammer, mit der er seit der Zweiten Heimat zusammen ist, sie hat einen hellen Strumpf auf dem Kopf, ihre Gesichtszüge sind nicht zu erkennen. Sie ist, als Stimmsolistin, zwischen Atemstößen und Gesang, Penelope, eine Schnur in den Händen, die sie windet und bindet und auch wieder löst. Im Orchestergraben das Orchester. Aber auch auf den Rängen, in den Logen, auch auf der Bühne ein paar Streicher und Bläser, später eine Pauke, die unter gelegentlichem Schlag von vorne nach hinten geschoben wird. Leise, ein Rückzug. Und auf der Bühne, blau erst, mit weißen Masken, die Tänzer, deren Bewegungen Reinhild Hoffmann choreografiert hat. Das Bühnenbild macht nach und nach nur auf sich aufmerksam. Erst hängt Odysseus wie ein Mann vom Bau in der Luft und sieht zu, oder: sieht in den Raum, der vielleicht zerbricht in ein Vorne, ein Hinten und ein Zwischen. Wege lassen sich gehen, was nicht heißt, dass die Teile des Raums sich notwendig zu einem Ganzen fügen. Hinuntergelassen betritt dann Odysseus, noch lange nicht singend, die Bühne. Aus einem zeltförmigen Quader, der von oben herab schwebt, erscheint aufgeblasen oben heraus ein runder Ball, auf den ein Augen, unheimlich, blinzelnd, sehr körperlich, aber körperlos, projiziert wird, ein Auge, das schaut und schaut und wieder verschwindet. Zur Rampe werden, aneinander gereiht, zum Teil dann sich drehend, die Seitenregale mit den Hemden, einer Rampe, auf der die Tänzer mit den Masken sich winden, tanzend, bevor Odysseus zur Stimme findet wie Faust zum Reim, nach und nach, im Duett mit Penelope. Nach neunzig Minuten ist alles vorbei, es bleibt der Eindruck einer großen Konzentration. Ihr Preis ist die Strenge des Durchkomponierten, ein Mangel an Spiel zwischen den Teilen, deren Verhältnisse einem in ausgezirkelter Genauigkeit vor Augen geführt, zu Ohren gebracht, zu denken gegeben werden.
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last updated: 26.06.12, 16:35 furl
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