Donnerstag, 23. Februar 2006
austin diary II
knoerer
22:00h
BookPeople wurde 2005 von Publishers Weekly als bester Buchladen der USA ausgezeichnet. Es ist die größte unabhängige Buchhandlung in Texas. In der Tat ist das ziemlich beeindruckend, auf zwei Stockwerken, sehr gut sortiert, und in jedem Regal hängen Zettel herum, auf denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Lieblinge empfehlen. Durchweg interessante Kommentare. Im Aufgang zum zweiten Stock findet sich der Schnickschnack. Wie etwa Klopapier, das mit Bush-Gesicht und dummen Bush-Sprüchen ("they misunderestimated me") bedruckt ist. Nur kurz mit dem Gedanken gespielt, mir das zuzulegen. Oder "Nunchuck", eine Schleuder, in die man kleine Plastiknonnen einsetzen und dann bis zu 15 Fuß weit katapultieren kann. Vor den beiden recht großen Regalen zu "Gay and Lesbian Studies" und "Cultural Studies" hat ein junger Mann latinoamerikanischer Abstammung, mit Schiebermütze und Koteletten, seinen Tisch hingestellt und liest jedem, der was wissen will, das Schicksal aus den Karten. Er ist im sehr angeregten Gespräch mit einer Frau um die vierzig, sie diskutieren, wer gemeint sein könnte mit der gerade aufgedeckten Karte und dem damit zusammenhängenden Schicksal.
Gegenüber von BookPeople ist Waterloo-Records, der beste Plattenladen der Stadt, aber davor ist eine Schlange von mehr als 100 Metern, sie zieht sich ums Geschäft, sogar einen kleinen Hügel hinauf. Hat bestimmt mit SXSW-Vorverkauf zu tun. Auch an der selben Ecke befindet sich der Wholefoods-Supermarkt, ein Bioladen von ganz unfassbarer Größe. Mir fällt kein Berliner Supermarkt ein, der überhaupt so groß wäre. Hier aber alles Bio. Mit Sushi-Frischtheke, Barbecue-Frischtheke, draußen kann man in der Sonne sitzen, ich habe mich draußen mit meinem Black Bean Burrito in die Sonne gesetzt, die Schlange vor Waterloo beobachtet und gestaunt. Es ist sehr schön, draußen zu sitzen, denn heute ist strahlender Sonnenschein, gegen alle bei FOX 7 News, dem Austin-Lokalsender von FOX, getroffenen Vorhersagen.
Auf dem Rückweg übers Unigelände. Es gibt dort einen genau abgezirkelten Bereich, die sog. Rally Area, an dem politische Agitation erlaubt ist. Und stattfindet. Hier sind sogar Wahlkampfauftritte der Gouverneurs-Kandidaten möglich, ich habe das vor zwölf Jahren erlebt, als George W. Bush gegen Ann Richards antrat. Heute stehen nur zwei Tische von Aktivisten hier. Die einen bieten den "Socialist Worker" feil, die anderen treten für "Islamic Awareness" ein.
Ich habe mir ein Bus-Monatsticket gekauft, das kostet lächerliche 10 Dollar, in einer Stadt, die erstens ein, schon gar für amerikanische Verhältnisse, hervorragendes Busnetz hat – und außerdem so großflächig ist, dass man mühelos eine dreiviertel Stunde mit dem Bus vom Zentrum nach Norden durch die Gegend kurvt und immer noch nicht in die Vororte gelangt ist. Uni-Mitarbeiter und Studenten fahren sogar umsonst. Kein Semester-Ticket, sondern einfach so. Außerdem gerade gelesen, dass Texas einer der elf Bundesstaaten der USA ist, in denen keine Einkommensteuer erhoben wird. Alles indirekte Steuern also, die folglich ich bei jedem Einkauf auch zahle. Ich liege also nicht mal dem texanischen Steuerzahler auf der Tasche mit meiner Billig-Busfahrerei.
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last updated: 26.06.12, 16:35 furl
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