Freitag, 11. August 2006
genau erklären
knoerer
09:36h
So wahnsinnig viel weiß ich nicht über Quantenphysik. Ich verstehe, dass vieles unvorstellbar ist und begnüge mich damit, es mir nicht vorzustellen. Oder als unvorstellbar vorzustellen. Das ist wohl nicht dasselbe. Vieles in Greg Egans Roman "Schild's Ladder" verstehe ich nicht; es ist auch schwer vorstellbar. Die Katastrophe geschieht und sie besteht darin, dass bei einem Quantenexperiment ein Universum entsteht. Das zweite Universum verschlingt das vertraute. Verschlingen ist eine Metapher. Die Zukunft ist sehr zukünftig. Unsere Gegenwart liegt 20.000 Jahre zurück. Fast so alt wie wir ist die Theorie, die Relativität und Quantenphysik vereinigt hat. Bei dem Experiment, das zur Entstehen des zweiten Universums führt, das das vertraute nun metaphorisch verschlingt, stellt sich heraus: Die Vereinigungstheorie stimmt so nicht. Einzelheiten kann ich nicht erklären. Auch Greg Egan erklärt nicht sehr viel. Der Laie, wie ich einer bin, kommt aber so weit mit, dass er versteht, worum es im Groben geht. Der Laie denkt in Metaphern wie der vom Verschlingen. Der Laie erlebt mit, wie Egan einen Konflikt inszeniert, zwischen denen, die das neue Universum in erster Linie erforschen und in zweiter Linie dann vielleicht aufhalten wollen, und denen, die das neue Universum in erster Linie zerstören und dann vielleicht ein bisschen was über seine Gesetzmäßigkeiten herausfinden wollen. Unterdessen verschlingt das neue Universum die Planeten des vertrauten Universums. Das ist aber nur halb so tragisch, denn die Menschen sind längst kaum mehr Natur, sondern so weit optimiert, dass sie entweder gar keine Körper mehr brauchen oder als Informationseinheiten in andere Körper übertragen werden können. Sterben tun sie eigentlich kaum noch. Vielmehr sterben sie ziemlich oft, aber sie leben dann weiter in anderen Körpern, die den alten ähnlich genug sind. Sie haben Sex, aber kein festes Geschlecht. Wenn zwei sich lieben, wachsen ihnen je spezifische Sexualorgane. So sind die Menschen in zwanzigtausend Jahren. Um mancherlei geht es in dem Roman. Greg Egan interessiert sich zum Beispiel für subjekttheoretische Implikationen quantenphysikalischer Vervielfältigungspotenziale. Anders gesagt: Wenn Ich potenziell ganz viele ist, was macht dann Identität aus. Dezisionismen, Selbstfestlegungen zum einen. Offenheit für Veränderungen zum anderen. Eine libertäre Identitätstheorie. Ich ist nie derselbe, aber es ist okay. Genauer kann ich das jetzt nicht erklären. Auch im skizzierten Konflikt zwischen Forscherneugier und Besitzstandsangst geht es um Offenheit. Der Held pfeift auf die Planeten und nähert sich der Grenze zwischen neuem und altem Universum. Dann überquert er sie. Die Erzählbewegung findet in einem gänzlich metaphorischen Raum statt. Im neuen Universum hat sich in phantastischer Schnelligkeit Leben entwickelt. Wesen wuseln herum. Die Konsistenz des Erzählraums ist sehr speziell. Sie ist geprägt von Widerständen, Wesen und Licht. Das ist ein ganz toller Erzählraum. Genau erklären kann ich das aber nicht.
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last updated: 26.06.12, 16:35 furl
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