Samstag, 12. August 2006
nachmittag eines filmkritikers
knoerer
11:40h
Man geht ins Kino am Nachmittag. Man ist Filmkritiker. Es ist Freitag, man geht ins fsk. Da läuft Benning, 13 Lakes. Andere sind da, aber nicht viele. Man nimmt keinen Kaffee, andere nehmen einen Kaffee, man bekommt als Filmkritiker seinen Kaffee umsonst. Und den Film natürlich auch. Umsonst, meine ich, man schreibt darüber, als Handlanger der Industrie. Quatsch. Benning ist natürlich überhaupt keine Industrie. Benning macht in Seen. Oder Himmeln. Stadt, Land, Fluss. Benning stellt seine Kamera in die Landschaft und wir sehen, was die Kamera in der Landschaft aufnimmt. Seen. Dreizehn Seen. Man sitzt als Kritiker ohne Kaffee im fsk, es ist Nachmittag, das Wasser plätschert und erst die Motorboote auf See Nummer drei oder vier reißen einen aus dem Dösen, in das man verfällt. Kaffee wäre besser gewesen. Es ist, andererseits, auch nicht schlimm, den einen oder anderen See zu verschlafen. Schließlich kennt man sie schon, schließlich hat man den Film schon bei der Berlinale gesehen. Man stellt sich, wenn man nicht döst, Fragen, wie die, ob man hinterher die Videoregale aufräumt, zuhause, oder was man macht, ob man noch was einkauft, denn man hat Hunger als Filmkritiker am Nachmittag ohne Kaffee. Man geht raus, man geht auf die Toilette und das fsk-Personal fragt, willst du schon aufgeben. Man wird geduzt als Filmkritiker vom fsk-Personal, man hat Hunger und man geht auf die Toilette. Man antwortet dem fsk-Personal, nein, nein, gleich gehe ich zurück zu den Seen. Dann geht man zurück zu den Seen, die immer noch plätschern, der Krach des Motorbootsees ist vorbei. Man merkt, dass die Gedanken wandern, zur Leinwand und anderswohin. Viele Seen sind nicht spektakulär, man betrachtet sie freundlich, aber distanziert. Hallo, See Nummer sieben, hallo See Nummer acht. Es gibt aber auch einen wirklich tollen See und der kommt fast am Schluss. Das ist der Crater Lake. Großartiger Name auch. Der Crater Lake ist eine Spiegelinstallation, Bergeimwasser, Musterinbergenimwasser, Bergeundwolkenfarbnuancenpfeilschraffurenimwasser. Den Crater Lake würde ich mir als Dauervideo an die Wand hängen. Man denkt über Videoinstallationen im Wohnzimmer nach. Über Loops und was das wohl kosten würde. Man verlässt den Saal, bevor es wieder hell wird. Man radelt nach Hause und kauft dann doch nichts mehr ein, denn man hat im Kühlschrank noch die Aldi-Sachen von gestern.
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last updated: 26.06.12, 16:35 furl
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