Mittwoch, 12. Dezember 2007
prolegomena zu einer geschichte unbegreiflicher obsessionen
knoerer
13:14h
Es ist, wie ich sofort zugebe, ein bisschen seltsam (und besseres zu tun hätte ich auch), aber ich verfolge die Entwicklungen des republikanischen Präsidentschaftskandidatenrennens im Moment beinahe obsessiv. Seltsam ist's, weil ich sowieso fürs kleinere Übel der anderen Seite wäre, welches auch immer, und Sympathien für keinen der GOP-Kandidaten haben sollte. So ist's jedoch nicht. Gerade drücke ich, also eher: etwas in mir drückt, Mike Huckabee die Daumen, ich vermute mal, weil er der Außenseiter ist und gerade eine so sensationelle Performance hinlegt. Er ist im übrigen auch ziemlich smart und gar nicht unwitzig, was ihn ja nun von manch anderem deutlich unterscheidet. Etwas bedauerlich ist's aber doch, dass er an jedes einzelne Scheiß-Wort in der verdammten Bibel und dann auch noch buchstäblich glaubt. (Der vernünftige Teil in mir ist, all things considered und wenn es schon sein muss, dann doch eher für Giuliani, denke ich.) Ich habe mir Huckabees sämtliche YouTube-Spots mit dem offenkundig ziemlich weggetretenen jesusmäßigen Kickboxer Chuck Norris angesehen - und, äh, inzwischen auch schon Clips von Chuck Norris mit wasserstoffblonder Ehefrau, ohne Mike Huckabee. (Sie haben da so eine Bibel-in-die-Schule-Initiative.) Täglich mehr als einmal verfolge ich außerdem bei Rasmussen Report die jeweils allerneuesten Zahlen und wenig lese ich im Moment mit derart großer Begeisterung wie jene alles hin- und herwägenden Szenarien, die heute noch diffizile Erwägungen dazu anstellen, wer bei welcher Entwicklung der Dinge bei wem welche Chancen hat und die morgen schon wieder Makulatur sein können. (Das erfahre ich dann sofort.) Mehr oder weniger alle aktuellen Match-Up-Zahlen hab ich sowieso im Kopf, von den aktuellen Zahlen aus Iowa (Huckabee hat jetzt einen zweistelligen Vorsprung!) zu schweigen. Die gleichfalls immer ganz rasch bei YouTube auftauchenden jüngsten Fernsehauftritte der verschiedenen Kandidaten sehe ich mir auch gerne an. Fred Thompson: was für ein Loser. Eine eigentümliche Gestalt ist Ron Paul, der insgesamt bei nicht mehr als fünf Prozent dümpelt, im Internet aber unzählige Fans hat, die an allen unpassenden Stellen in Foren dazu auffordern, eben Paul zu wählen. (Ron Paul ist soger der bei den Internetnutzern mit Abstand beliebteste Republikaner-Kandidat, er war 1988 bei Bush sr. gegen Dukakis schon mal Kandidat für die Liberalen, tritt auch jetzt für allerlei Libertäres ein, Einkommensteuer abschaffen und derlei Dinge. Er hat auch, wie bei seinem Auftritt bei Jay Leno zu sehen, etwas nicht unsympathisch Schlitzohriges.) Mike Huckabee war wie Bill Clinton Gouverneur von Arkansas, aber anders als Clinton auch baptistischer Priester. Jetzt, wo er in den Umfragen entweder die Führung übernommen hat oder doch unmittelbar hinter Giuliani liegt (statistisch gesehen gerade ein totes Rennen), beginnen die Konkurrenten, mit vergangenem Schmutz zu werfen, der Mormone Mitt Romney ("Mormonen sind Christen!", "Mormonen sind Christen!") vor allem, der jetzt zum Beispiel eine Geschichte ausgebuddelt hat, bei der er Huckabee unterstellt, als Gouverneur auf die Begnadigung eines Vergewaltigers hingewirkt zu haben. In Arkansas, müssen Sie freilich wissen, begnadigt nicht der Gouverneur selbst, sondern ein von ihm nominell unabhängiges Kommittee. Allerdings, so viel ist auch richtig, sind die arkansischen Begnadigungsszahlen unter Huckabee, im Vergleich zu Clinton zum Beispiel, deutlich gestiegen. Die genauen Zahlen - oder nein, ich höre jetzt doch besser mal auf. [Ich könnte das nun alles verlinken, aber erstens bin ich zu faul und zweitens interessiert das alles Sie ja womöglich gar nicht bis ins kleinste Detail.]
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