Ich habe zwei Filme von Hiroshi Shimizu gesehen, einen gestern, einen vorgestern: Children of the Beehive und Mr.Shosuke Ohara. Im März ist im Berliner Arsenal eine Retrospektive zu sehen. Wenn sie fortgesetzt wird, werde ich in den USA sein. Schlimm genug. Die beiden Filme gehören zu den schönsten, die ich überhaupt kenne. Shimizu aber hat 163 Filme gedreht, davon wohl die Hälfte Stummfilme zu Beginn seiner Karriere. Erhalten sind, nach allem, was man weiß, nicht mehr als zwischen zwanzig und dreißig seiner Werke. Selbst an die existierenden ist kaum heranzukommen. Über ihn weiß man wenig. Ozu und Mizoguchi verehrten ihn, er ist im selben Jahr geboren wie Ozu. Er arbeitete fürs selbe Studio, sie waren befreundet. Seine Filme waren erfolgreich, er hat mit Stars gedreht. Er hat Kinder geliebt und nach dem Krieg ein Waisenhaus gegründet. Die Kinder spielten in seinen Filmen. Anders als Ozu, der späte jedenfalls, liebt Shimizu die Bewegung der Kamera, der Raum, den sein Kino eröffnet, kennt keine Grenzen, selbst wenn der Schauplatz ein Haus ist. Keine Geste der Allmacht, vielmehr vermittelt sich das Jubilatorische der Erkenntnis, die in der Kamerafahrt liegt. Die Entdeckung, immer wieder aufs Neue, dass hier eine welterschließende, welterfindende Potenz des Kinos steckt. Ein eigener, inkommensurabler Bewegungs-Bild-Raum der Kamera. 140 verlorene Filme. Ermesslich ist das nicht.