Freitag, 1. Juli 2005
poesie der welt

Ich zitiere, weil ich sie schön finde und wahr, die folgende Passage aus Bernhard Waldenfels' Vorwort zur deutschen Ausgabe von Maurice Merleau-Pontys "Prosa der Welt":

Im Vorwort zu 'Signes' (1960) zitiert Merleau-Ponty eine Dialogpartie aus Marivaux: 'Ich dachte nicht daran, sie kokett zu nennen. - Das sind Dinge, die sich gesagt finden, bevor einem davon träumt.', und selber fährt er fort: 'Gesagt von wem? Gesagt zu wem? Nicht von einem Geist zu einem anderen Geist, sondern von einem Wesen, das Leib und Sprache hat, zu einem anderen Wesen, das Leib und Sprache hat. Dabei zieht jeder den anderen wie eine Marionette an unsichtbaren Fäden und läßt ihn etwas sagen und denken und macht ihn zu etwas, was er allein aus sich nicht geworden wäre. Auf diese Weise finden sich die Dinge gesagt und gedacht wie durch ein Reden und Denken, das wir nicht haben, sondern das uns hat.' So verwandelt sich Eigenes in Fremdes, Fremdes in Eigenes, und beides ist eingeschrieben in eine région sauvage, die allen gehört und keinem. Die Poesie der Welt zehrt von dem weißen Blatt zwischen und hinter den Zeichen.

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Mittwoch, 22. Juni 2005
stellen

Das ganze Leben nichts anderes als die gehetzte Organisation von Prokrastinationen. Kennenlernen der eigenen Tricks, Ausweichmanöver ahnen, Wege verbauen, der Raffinesse von Selbstvermeidungen auf die Schliche kommen, sich als Jäger und Gejagter wie ein scheues Tier stellen auf improvisierten Lichtungen, auch wenn das noch lange nicht dasselbe ist wie sich selbst sich stellen.

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Montag, 20. Juni 2005
provinzkunst

Wenn ich mir das ansehe, was in meiner Heimatstadt Ansbach und das, was in meinem derzeitigen Aufenthaltsort Konstanz so als Kunst durchgeht, dann lässt sich ungefähr das Folgende generalisieren: Provinzkunst ist gegenständlich, mit einer Andeutung des Unförmigen. Das Unförmige aber als Aus-der-Form-Gehen verstanden, nicht als Drang ins Amorphe. Weil die Grenze zum Abstrakten nicht einmal gedacht wird, quillt es auf entweder ins Phantastische oder Anstößige oder markiert durch Zierformen die Offenheit nicht fürs Haben von Gedanken, sondern fürs Hinzufügen von Dekorationen. In der Koketterie mit dem Anstößigen täuscht es den Philister über die Spießigkeit der Form hinweg, sie zergeht im Gerede, das nur zum Beispiel die Hure im knappen Kleid im Hafeneingang provoziert und produziert. Wenn die moderne Kunst ohne den Kommentar nichts ist als das Material, als das sie dem ahnungslosen Auge sich darstellt, dann ist das Geschwätz, das die Provinzkunst produziert, nichts weiter als die Verkehrung der Moderne im Schein einer falschen Ähnlichkeit. Entstanden ist diese widerwärtige Afterform von Kunst übrigens in den Achtziger Jahren, davor, scheint mir, haschte der Geist der Provinz noch in anderer Manier nach anderen Anschlüssen.

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geht nicht

Tut mir Leid, ich kann Brigitte Kronauer nicht lesen. Ich habe es mehrfach versucht, aber es geht nicht. Diese Beschreibungspotenz. Diese Lust am Fitzelchen. Macht mich einfach wahnsinnig. File under Idiosynkrasie.

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statistik

Nur 0,003 Prozent aller Daten, die 2004 weltweit produziert worden sind, wurden auf Papier gedruckt, der Rest von 99,997 Prozent entstand laut Wissenschaftlern der University of California auf Bildschirmen und blieb in Speichern zurück. [q]

Ja, das könnte auch in meinem persönlichen Falle so ungefähr hinkommen.

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Mittwoch, 8. Juni 2005
tv makes it, tv even breaks it

Wenn ich jetzt noch einmal in meinem McDonalds-Hotspot-Büro die Cover-Version (?!) von Dieter Bohlens "TV makes the Superstar" hören muss, dann melde ich mich geisteskrank, ehrlich.

Update 13.29: Ah, Mull of Kintyre... Und ab.

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Montag, 6. Juni 2005
cahiers

Endlich: Die Cahiers du Cinéma haben jetzt wieder eine ordentliche Website. Und wie angekündigt gibt es sämtliche 600 Hefte seit 1951 im Archiv online. Bisher in Auswahl, Vollständigkeit aber wird in einem kurzen Editorial angekündigt. Hier der Link zur Nummer 1.

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