Freitag, 22. April 2005
eine intellektuelle, studierte person

Im aktuellen tip ein Interview mit Lou Reed. Er ist von Anfang an in Fahrt, richtig lustig wird es aber, als es um "Metal Machine Music" geht, ich zitiere:

tip:Mir fällt in diesem Zusamenhang vor allem ihr grandios gescheitertes '75er-Instrumental-Doppelalbum 'Metal Machine Music' ein, das weithin als unhörbar gilt.
Reed: Sie liegen leider komplett daneben, denn das ist einer meiner absoluten Favoriten. Scheinbar sind Sie einer dieser Schlauberger, die der Auffassung sind, ich hätte 'Metal Machine Music' allein deshalb gemacht...
tip: ... um sich der öffentlichen Erwartungshaltung nach dem Erfolg 'Sally Can't Dance' zu entziehen und Ihre damalige Plattenfirma RCA zu ärgern? Zugegeben, der Gedanke klingt nicht ganz abwegig.
Reed (erregt): Das ist ein infamer Haufen Scheiße. Wissen Sie eigentlich, wie weit ich meiner Zeit mit dieser Musik voraus war? (...) 'Metal Machine Music' ist nichts weniger als die Blaupause für Stile wie Industrial- oder Noiserock. Es ist schlicht genial!
tip: Seltsam, dass diese Genialität kaum jemandem aufgefallen ist.
Reed: Nun, Kollegen ist sie sehr wohl aufgefallen. Nur Journalisten kapieren das nicht. (...) Das Beeindruckende an mir ist ja nicht zulet, dass ich eine intellektuelle, studierte Person bin. Meine Texte sind keine Rock-Trivia oder Geschrei, das ist Literatur. Ich bin schon ein Glückspilz."

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knoten

Je mehr ich von "West Wing" sehe, desto bewundernswerter finde ich das, was Aaron Sorkin da als narrative Methode entwickelt hat. Zuerst Namen, Sachverhalte in einem noch ganz verwickelten Knoten präsentieren. Man versteht kein Wort, zunächst. Und dann entfaltet es sich. Eine Andeutung hier, eine Erläuterung da. Aus Namen werden Geschichten und politische Zusammenhänge. Das ist mit dem analytischen Erzählen (erst ein Mord, dann die Aufklärung) verwandt, aber doch viel mutiger: Erst etwas Unverständliches, dann nach und nach die Erläuterung. Etwas derart Unkonventionelles würde in Hollywood schon seit langem keiner mehr wagen. Vom deutschen Fernsehen zu schweigen. (Ich habe die "Kanzleramt"-Serie bisher verpasst, bin mir aber ziemlich sicher, dass man da Motive klaut und dergleichen, sich an die Dramaturgie des Vorbilds aber nicht herantraut.)

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Donnerstag, 21. April 2005
formal cooperation in evil

A Catholic would be guilty of formal cooperation in evil, and so unworthy to present himself for holy Communion, if he were to deliberately vote for a candidate precisely because of the candidate’s permissive stand on abortion and/or euthanasia. When a Catholic does not share a candidate’s stand in favor of abortion and/or euthanasia, but votes for that candidate for other reasons, it is considered remote material cooperation, which can be permitted in the presence of proportionate reasons.[q]

Findet ein neuerdings prominent gewordener katholischer Theologe. So ein Leben als Leiter einer Glaubenskongregation, das muss schon einen Spaß machen: Man kann da fröhlich vor sich hin erlauben und verbieten, Haare spalten, absurde Unterscheidungen treffen und schöne Formulierungen erfinden wie "remote material cooperation in evil", mit denen Einschläge auf der nach unten offenen Sündenskala begrifflich zugänglich gemacht werden. Im Grunde unterscheidet es sich in nichts von den raffinierteren Zwangswelten, wie man sie in anderen geschlossenen Abteilungen findet, in denen ältere Herren ihre selbstgebastelten Weltentwürfe an Wänden ausbreiten, mit den Fingern fuchteln und Bannflüche ausstoßen. Mit gutem Grund nimmt die keiner ernst.

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Mittwoch, 20. April 2005
diskussionszusammenhänge

Das würde allerdings auch eine nahezu komplette Abänderung der katholischen Sexualvorstellungen mit sich bringen, da der katholische Begriff vom sexuellen Akt (der ein - wenn man so will - sehr idealistischer ist) abgeschwächt werden müsste.

Eine ganz andere Sache: Du hast nicht zufällig den "L'Intrus" von Claire Denis aufgezeichnet, der vorhin bei ARTE kam?

Sehr schön.

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Dienstag, 19. April 2005
on bullshit

One of the most salient features of our culture is that there is so much bullshit. Everyone knows this. Each of us contributes his share. But we tend to take the situation for granted. Most people are rather confident of their ability to recognize bullshit and to avoid being taken in by it. So the phenomenon has not aroused much deliberate concern, nor attracted much sustained inquiry. In consequence, we have no clear understanding of what bullshit ist, why there is so much of it, or what functions it serves.

So beginnt Harry G. Frankfurts Untersuchung mit dem Titel "On Bullshit", erschienen bei der Princeton University Press 2005. Ist mir gerade in die Hände gefallen und geht so weiter, bis S. 67. Es gibt ernsthafte Erörterungen zu einem Ambler-Zitat, "bullshit your way through". Es wird nicht klar, mir nicht, ob diese ganze Untersuchung selber "bullshit" ist oder nicht. Es ist eine sehr regelrecht durchgeführte Übung in analytischer Philosophie. Sie kommt zu Ergebnissen, arbeitet sich an Augustinus ab, stellt vergleichende Überlegungen zur Lüge und zum Humbug an und zwinkert nicht. Harry G. Frankfurt, den ich nicht kenne, war Philosophieprofessor in Princeton. Er ist seit einigen Jahren emeritiert. His books include 'The Reasons of Love', 'Necessity, Volition, and Love', and 'The Importance of What We Care About'.

Man könnte behaupten, die gelungene Parodie sei daran zu erkennen, dass sie als ernsthaftes Beispiel dessen durchgeht, was sie parodiert. Nur: Wenn sie selbst keinen Aufschluss gibt darüber, wie sie zu nehmen ist, dann ist sie am Ende als Parodie eben nicht mehr zu erkennen. Als Parodie, die gar keine ist, wäre "On Bullshit" die noch viel unheimlichere Zerlegung der analytischen Methode, eben weil sie, wenn auch unfreiwillig, zeigte, dass diese von ihrer Parodie nicht mehr zu unterscheiden ist. Als Parodie, die doch eine ist, wäre "On Bullshit", weil alles auch ernst gemeint sein könnte, misslungen - und darin mit voller Absicht ein Triumph.

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Freitag, 15. April 2005
nichts wissenswertes über konstanz in 21 sätzen

1. Bevor Sie jetzt glauben, der Papst habe wundersam ein Ende gemacht mit mir und der Bloggerei: Ich bin noch da.

2. Allerdings, genauer gesagt, in Konstanz.

3. Und daselbst in ein Funkloch gefallen.

4. Da lebe ich in der Mitte der "Stadt" und O2 lässt mich in meiner Home Zone im Stich.

5. Für Internet muss ich zu McDonalds mit meinem Notebook, die haben einen kostenlosen Hotspot.

6. Super Size Me.

7. Oder an die Uni auf dem Berg vor der Stadt mit dem Bus.

8. Ich sehe die Alpen, bei schönem Wetter wie heute.

9. Ich sehe den See und die Blumeninselmainau.

11. Wenn die Bahn zwischen Berlin und Hannover ins Stolpern gerät und es allen Beteiligten nicht gelingt, den Schaden schnell zu beheben, obwohl sie es "krampfhaft" (Durchsage) versuchen, kann es mehr als zehn Stunden dauern, von da (Berlin) nach hier (Konstanz) zu kommen.

12. Biertrinkende Menschen, die vorher lustig waren, werden dabei immer lustiger.

13. Ich trinke kein Bier und lustig bin ich auch nicht.

14. Zwanzig Meter von zuhause, im Zulieferhof des Woolworth, ist wunderbarer O2-Empfang.

15. Ja, ich wohne direkt neben dem örtlichen Woolworth.

16. Im Computerraum hängt eine Postkarte aus "Singapore", auf der Singapore genauso puppenstubenhaft aussieht, wie ich es mir immer vorgestellt habe.

17. Ich kann die Alpen nicht ausstehen und der See lässt mich kalt.

18. Jedesmal, wenn ich eine neue Ecke entdecke in der Stadt, muss ich feststellen, dass ich sie doch schon kenne.

19. Wenigstens in der Uni verlaufe ich mich manchmal.

20. Beim Drogerie Müller billig eine DVD mit dem Film "Negresco" von Klaus Lemke aus dem Jahr 1967 gekauft, den ich zwar nicht empfehlen kann, aber mit Interesse gesehen habe.

21. China-Restaurants befinden sich auch in Konstanz meist im 1. Stock.

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Dienstag, 5. April 2005
wunder ratzfatz

Hurra, ich kann wieder bloggen.

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