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Dienstag, 10. April 2007
weegee/brassai
knoerer
13:41h
Es gibt in der großen Brassai-Retrospektive im Berliner Gropius-Bau eine Serie von Bildern, die einen Toten auf dem Bürgersteig zeigt. Er liegt da, klein, unspektakulär, denn die Aufnahman sind aus einiger Entfernung gemacht, von oben, von einem Balkon oder Fenster aus, scheint es. Das Sujet war mir sehr vertraut, denn die Woche zuvor hatte ich die große Weegee-Retrospektive im Berliner Postfuhramt gesehen. Weegee hat mit Vorliebe Tote fotografiert, gierig nach Blut und Verstümmelung. Er hat dem Tod ins Auge gesehen, mit einem idiotischen Stolz darauf, der erste zu sein, und allen zu zeigen, dass er der erste war, Augenzeuge, der gar nichts zeigen will als sein Draufhalten und Schnellsein. Weegee, der Fotograf als Pulp-Artist, ist unerträglich. Brassais Bilder dagegen zeugen vom Interesse nicht daran, den Dingen, der Welt, den Menschen auf die Pelle zu rücken, sondern ihnen ihre Schönheit abzugewinnen. Ja, eine Art von Großzügigkeit: Hinaus zu gehen auf die Straße und zu glauben, dass es da eine Schönheit gibt, wenn auch nicht einfach so, dass es da etwas zu entdecken gibt, das der Dauer standhält, die die Fotografie verleiht. Brassai hat nicht geknipst. Er hat das Motiv gewählt, seine Kamera aufs Stativ gestellt, nur wenige Aufnahmen gemacht und dann bei der Entwicklung der Bilder noch einmal, wenn es ihm richtig schien, den Ausschnitt, den Rahmen verändert. Daran, dass das, was die Kamera festhält, schon per se von Interesse ist, hat er nicht geglaubt. Auch Weegee hat nicht der Fotografie als solcher vertraut. Die Kamera war seine Waffe, die er zückte, um die Erlegten der Nacht noch einmal zu erlegen und den Gierigen, die nach den Zeitungen griffen, in denen die Bilder erschienen, entgegenzustrecken. Beide trauen sie der Fotografie nicht ganz, beide lieben sie die Nacht. Bei Weegee sind die Lichter grell und die Dunkelheit ist schwarz. Bei Brassai fließen Licht und Schatten in feinkörnigem Grau ineinander. Wie man es dreht, wie man es wendet: Das Prinzip Brassai und das Prinzip Weegee schließen sich aus. Man kann nicht mit beiden Blicken zugleich auf die Welt sehen. Aber als Betrachter kann man durchaus mit beiden nicht ganz glücklich werden. Brassais Wille zur Schönheit ist auch eine Art von Blindheit. Und Weegees Wille zum Effekt ist auch eine Art Wahrheitsliebe. Ich möchte Brassai lieben und Weegee verachten. Das geht aber nicht, im einen Fall so wenig wie im anderen, sie machen beide gemischte Gefühle. ... Link Freitag, 30. März 2007
diesdas
knoerer
10:58h
Die Frauen, die er liebte und die ihn liebten und mehr noch die, die er liebte und die ihn nicht liebten, die jetzt als Namen im Text und in Minimalbiografien in den Anmerkungen zu Stendhals Henri Brulard überleben. Der armlose Mann, der Studentinnen an der Wohnungstür zur "manuellen Befriedigung" überredet. (An Tod Browning gedacht.) Die Friedrichstraße am Morgen. Die Städte, mit denen ich nichts mehr zu tun habe. Wie oft die Ampel vorne an der Kreuzung ausfällt. Die Vertrautheit der fremden Weblogs. Die Fremdheit des eigenen Weblogs. ... Link Mittwoch, 14. März 2007
papagei
knoerer
08:48h
Zwei ältere Frauen, die sich über das Leben unterhalten. Wie sie halt so weitermachen, wie sie noch ein bisschen durchhalten, wie es ohne die Tiere nicht zu ertragen wäre, das Leben. (Die Tiere: Papagei, Hunde, Vögel, sagt die eine, als wär der Papagei kein Vogel; aber vielleicht ist er für sie wirklich kein Vogel, sondern etwas Besonderes, DER Papagei). Die eine sagt immer wieder: Er will mich halt noch nicht, und meint Gott. Am Ende landest du beim Teufel, sagt die andere. Gelegentlich höre ich solche Gespräche und frage mich, ob nicht die Menschen oft so sprechen, über das Leben, das sie eigentlich nicht erträglich finden, das sie irgendwie so aushalten, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Ganz normale Menschen, sogar ganz unsympathische Menschen, denn die beiden älteren Frauen waren sehr unsympathisch. Es sind so große Themen, denkt man sich, und sie sprechen darüber, als ginge es um ihre Vögel oder Hunde oder um Alltägliches. Und vielleicht, denke ich dann, ist es das ja: alltägliches Geschwätz, sie reden so vor sich hin, sie tun sich leid, sie klagen. Und sagen dann Sachen wie die, dass sie es nicht mehr aushalten und dann gehen sie auseinander und bei Edeka einkaufen und das Leben geht, wie man so sagt, weiter. ... Link Donnerstag, 8. März 2007
aufwändig und kostenintensiv
knoerer
11:40h
Ernster ist der zweite Einwand. Google will möglichst alles digitalisieren und frei zugänglich machen. Die Schranke Urheberrecht wird immer mehr unter Druck geraten. Irgendwann werden wir alle Bücher, auch die neuen, am Schirm haben wollen. Neben die Aufweichung des Urheberrechts tritt dann die Entwertung der Inhalte: Irgendeinen brauchbaren Inhalt finde ich im Netz immer, warum soll ich dann den nehmen, den ich aufwändig und kostenintensiv von einem Verlag erwerben muss? [q] Und warum sollten solche, die man aufwändig und kostenintensiv von einem Verlag erwerben muss, noch irgendeine Existenzberechtigung haben? Wo doch die Wissenschaftsverlage ohnehin bei ihren AutorInnen abkassieren, kaum noch lektorieren und meistens hässliche Bücher machen? Schon fertig ausgedruckte wissenschaftliche Literatur (=Buch, =Zeitschrift) ist ein unsinnig gewordenes Medium. ... Link Dienstag, 6. März 2007
worte im vorübergehen
knoerer
13:08h
Gas, like, flüssiges Gas, but it is not Benzin (Gneisenaustraße, 5.3.2007, ca. 14 Uhr) ... Link Donnerstag, 1. März 2007
er mit seinem werkzeug, sie mit ihrem schweigen
knoerer
08:46h
Remake: Filmbeschreibungen. Schön. ... Link Montag, 5. Februar 2007
hundekuchen
knoerer
11:34h
Skorecki im Gespräch über Hitchcock. ... Link ... Nächste Seite
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by knoerer (05.02.09, 07:39)
gottesprogramm "und der Zauber seiner
eleganten Sprache, die noch die vulgärsten Einzelheiten leiblicher Existenz mit...
by knoerer (28.01.09, 11:57)
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