In der Bibliothek Martina Kessels geschlechterpolitische Studie "Langeweile" in der Hand gehabt, zu der der Perlentaucher Hans-Ulrich Wehlers Urteil referiert, es sei "blutleere Ideengeschichte". Obwohl mir Wehlers Theorieborniertheit sehr zuwider ist, würde ich nach einem ersten Durchblättern nicht widersprechen wollen.

Bei diesen Perlentaucher-Notizen, von denen ich tausende geschrieben habe, frage ich mich manchmal, wenn ich dann bei einer Suche auf eine stoße, ob sie wohl von mir stammt. Ich habe kaum Erinnerung an diese Texte. Eine Formulierung wie "der unverwüstliche Nestor der deutschen Sozialgeschichte", die verschafft dann aber die Gewissheit nicht eines Autors, sondern desjenigen, der sich mit einem Autor auskennt. Nein, das könnte ich nicht geschrieben haben.

Kennt übrigens jemand, verzeihen Sie, spannende Langeweile-Texte?

erfühlungsgehilfe

Und der nicht unerfolgreiche Sci-Fi-Autor Orson Scott Card, ein beinharter Konservativer, hat da noch ein verblüffendes Argument:

So it is a flat lie to say that homosexuals are deprived of any civil right pertaining to marriage. To get those civil rights, all homosexuals have to do is find someone of the opposite sex willing to join them in marriage.

[via fimoculous]

Der Stalinist Slavoj Zizek begeistert sich für den Islam-Fundamentalismus als Verbündeten in der guten Sache der Liberalismusverachtung:

Instead, one should gather the courage to recognize the obvious fact that there is a deep strain of violence and intolerance in Islam—that, to put it bluntly, something in Islam resists the liberal-capitalist world order. By transposing this tension into the core of Islam, one can conceive such resistance as an opportunity: It need not necessarily lead to “Islamo-Fascism,” but rather could be articulated into a Socialist project. The traditional European Fascism was a misdirected act of resistance against the deadlocks of capitalist modernization. What was wrong with Fascism was NOT (as liberals keep telling us) its dream of a people’s community that overcomes capitalist competition through a spirit of collective discipline and sacrifice, but how these motives were deformed by a specific political twist.

[via greencine]

Das Sofa-Titelbild. Es fliegt mich, in unregelmäßigen Abständen, unwillkürlich und daher unabweislich, die Anmutung an, der Mann, den man von hinten sieht, der Mann, der die Treppe hinuntergeht, dieser Mann, das sei Schill.

Rostlaube, FU, draußen in Dahlem. Internationalen Studentenausweis besorgt. Frau im Reisebüro: Vielleicht noch einen Flug, ein Hotel? Sie sah mich nicht, weil die Sonne tief stand, sie schirmte die Augen mit ihrer rechten Hand, aber sie sah mich immer noch nicht, glaube ich. Bauarbeiten in der Rostlaube, Straßen verstopft, Umwege gegangen. Germanistik-Bibliothek schon wieder umgeräumt. Ich finde nichts mehr, irre desorientiert von einem Regal zum anderen. Wenn es nicht die Wirklichkeit wäre, die nicht bleibt, wie sie ist, wäre es Alzheimer. Dabei löst sich das Hirn nicht auf, sondern entsteht gerade, im Inneren der Rostlaube, durch die Glasscheiben der Gänge ist immer nur ausschnittweise Stahlskelett zu sehen. Norman Fosters "The Brain", in zwei Jahren sollen hier die sämtlichen geisteswissenschaftliche Bibliotheken versammelt werden. Dann bin ich endgültig verloren. Toilette vor der Germanistik-Bibliothek, Waschbecken, dies:

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Antiquariat, Zossener Straße. Im Keller der Marxismus, regalweise. Von Robert Kurz bis Andrej Gromyko. Und China, Bildbände über China. Das kauft doch keiner. Es ist kalt und eng und dunkel, Lampen an der Decke, ich komme mir vor wie das Urchristentum in der Katakombe. Aber allein.

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Ein paar Schritte weiter die Zossener hoch ein ganz neuer Laden. Ramsch, auf den ersten Blick der übliche 99-Cent-Mist. Drinnen sieht man: nicht ganz. Dies ist vielmehr das jüngste Ende der kapitalistischen Nahrungskette. Der Laden verkauft ausschließlich Sekundärramsch der Discounter und Supermärkte. Pluspunkt, Kaiser, Haushaltszeug, Elektrogeräte, dort reingeschwemmt, unter Termindruck gesetzt. Hier die Vorhölle, in der, nochmal reduziert, das landet, was die Discounter ausscheiden. Ein Hörgerät für 8 Euro. Morgen das Superangebot, Digitalkamera, 4.1 Mio Pixel für 50 Euro. Universalstecker, auch US-tauglich, gekauft, 2 Euro. Thematisch hält den Laden nichts mehr zusammen, hier ist alles egal, die Ware kurz vor ihrem Endzustand als Restmüll.

Und an der Pforte zur Hölle erwarten mich die Kommentare, die mir sogar für den wasted comment dump zu dumm waren. Nichts ist vergessen, grienen sie, und wir piesacken dich bis ans Ende der Zeiten.