Mittwoch, 17. Dezember 2003
Fürs Leben

Faszinationen, von denen man, auf die eine oder andere Weise nicht loskommt, fürs Leben. Arno Schmidt etwa, im empfänglichsten Alter die volle Dosis erwischt. Dies leichte Erbeben, als Erinnern an merkwürdigste Verstrickungen, jetzt wieder, als ich dem Praschlschen Link nach da gefolgt bin. Als ich, übrigens, nach einigen Jahren, dann mal wieder, wie einer, der glaubt, dass er über eine Abhängigkeit hinweg ist, etwas las von Schmidt, da war das so: Ich fand es gut, und war auch froh darum, dass es nicht unsäglich war, dass es standhalten konnte vor dem Ich, das nicht mehr das Ich von damals ist auch wenn das Ich von damals noch drinsteckt, was genau in diesen Momenten tief innen drin und mit einem Mal spürbar wird, in solchen Momenten, in denen es wie ein Erinnerungsblitz aus einem herausfährt, es gefiel mir also und ich war dadurch sehr im Reinen mit mir. So der Gedanke: Du hattest gar nicht mal unrecht damals. Auch die Schmidtschen Marotten haben mich nicht mehr genervt, sie waren nun nichts weiter mehr als eben Marotten, was ich auch gut fand, weil selbst dieses Genervt-Sein ja noch zur Abhängigkeit gehört. Arno Schmidt war beinahe etwas geworden wie vieles andere. Beinahe. Das man mag, auf das man stößt und angetan ist und so weiter. Ich fand das sehr schön und dachte, wie gut, ich kann ihn jetzt wieder lesen. Habe ich dann aber nicht wieder, seitdem, aber anders jetzt, nämlich mit dem Gefühl: jederzeit möglich. Während übrigens die Radikalfeministin, in die ich verliebt war, damals, mich dazu brachte, Mary Daly zu lesen. Ich sie aber nicht zu Arno Schmidt.

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!

Das Erstaunen, in einem lateinischen Text einen Satz mit Ausrufezeichen zu finden: "Quam verum est hoc!" Die Sprache ist doch tot, habe ich mir gedacht. Das Gefühl, man müsse sie vorsichtig anfassen wie etwas Zerbrechliches. Als schöbe einer einen Hundertjährigen im Rollstuhl mit Karacho über die Kreuzung.

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out of context

Sehr schöne Idee. Selbstreferenzschleifen.

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Dienstag, 16. Dezember 2003
Unerklärtes

Bis eben hatte ich Malorama nicht in meinen Favoriten, obwohl es doch eines der Lieblingsblogs ist. Immer eingetippt und dann erst die Tapetenseite und dann auf den Link zum eigentlichen Blog. Angst vor Abnutzung durch zu einfachen Zugriff? Mal sehen, was jetzt passiert, wo's so einfach geht.

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Bloggaden

Als ein Anbieter professionellen journalistischen Contents sehe sich die Spiegel-Gruppe, insbesondere Spiegel Online, die die Website www.spiegel.de betreiben, nicht in einer Konkurrenzsituation mit Bloggern. Die Filter- und Prüffunktion, die manche Weblogs ausüben, etwa indem sie die Meldungen von Nachritenseiten wie spiegel.de weiter filtern, gegen andere Quellen abgleichen und einer spezialisierten Leserschaft zuführen, hält Miszewski für nicht relevant. Diese Filter seien lediglich Publikationen von Amateuren, die keine journalistische Funktion hätten.

Jetzt erst hier entdeckt, durch diesen ganz netten Artikel. Neulich erst mit Thierry Chervel ("Der Perlentaucher ist ein Weblog") darüber gesprochen, wie sehr es in Deutschland in den etablierten Etablissements oft erst mal darum geht, drüber zu stehen, es schon vorher besser zu wissen, eigene Neugierimpulse abzutöten und das dann als Professionalisierung zu begreifen. Immer schon zu wissen, was Journalismus ist (und damit das Gegenteil davon betreiben). Was man natürlich dem Journalismus dann ansieht. Praschl und Chervel haben auf dem Jonet-Tag sehr schöne, melancholische, begeisternde Plädoyers für Weblogs gehalten oder eher: den Geist des Weblogs, auf dessen das Realitätsprinzip malsomalso aushebelnde genaue Ausdrucksformen es ja zunächst gar nicht ankommt und da saß dann auf dem Podium ein Griesgram von tagesschau.de, der den Funkenflug sofort und auf der Stelle mit etwas konterte, das er gewiss für Realitätssinn hielt und eine professionelle Einstellung. Dabei war's die reine verbohrte, ein für alle mal in Kategorien des eingebildeten Sachzwangs betonierte Neugierverweigerung.

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Schnee rieselt im Leipziger Hauptbahnhof unterm Dach

mit geübten Kinderfingern den Trinkhalm in die Capri-Sonne gesteckt

der rasende Scheibenwischer im Führerhaus des ICE

weimarklassische Landschaft ohne Windräder, nur Strommasten hier, auch die wie gemalt

im Zug eine alte Frau durch den Spalt zwischen den Sitzen mit Pelz auf dem Kopf und Gold an den Ohren in Sorge, den Anschluss zu verpassen

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Frisch aus Posing

Richard Linklater hat eine Fortsetzung von "Before Sunrise" gedreht ("...if not now"), die ich damals, als ich den Film noch mochte, als ich ihn in der Welturaufführung in Austin sah in der Gegenwart von Richard Linklater, wohl ganz gerne gesehen hätte. Heute, denke ich, nicht mehr so. Austin ist mein Niederbayern. (Das ist nicht wahr: Mittelfranken ist in Wahrheit mein Niederbayern. Aber zu mehr als Kontrasten taugt das kaum. Obwohl ich es liebe. Aus der Distanz.)

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