Freitag, 31. Oktober 2003
Fortschritt

Nach einem Tag des Schraubens, Hämmerns und Klopfens glaube ich, auf eine Küche blickend, sagen zu können, dass IKEA besser geworden ist, rein handwerklich gesehen, seit meiner letzten, im Elternauftrag gefertigten Küche vor fünfzehn Jahren.

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Dienstag, 28. Oktober 2003
Rätsel

Ken Russels "Gothic": Eine Geisterbahnfahrt durch die Klischees englischer Gruselromantik, P.B. und Mary Shelley, Byron mittendrin. Es bleibt nur ganz unklar, ob der Grusel bloßes Zitat sein soll oder echter Grusel oder Zitat als echter Grusel oder Camp ohne Rücksicht auf die Echtheit des Zitats oder des Grusels oder nichts von dem oder alles zugleich. Würde nicht immerzu was passieren, würde man sich langweilen. Man langweilt sich auch so, aber unterbrochen durch die Reize dessen, was passiert, obwohl sie nicht länger vorhalten als für den Moment, in dem sie reizen.

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Fahrn, Eisenbahn

Jeden Montag unterwegs, gut drei Stunden hin nach Erfurt, gut drei Stunden zurück, dazwischen vier Stunden unterrichten zwischen Goethe und Celan. Lesen natürlich, auf dem Weg, wie auf Schienen gezogen, durch Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Aus dem Fenster blicken. Auf einem Auto, das auf der kleinen, schlecht geteerten Straße der Bahn nebenherfährt: Das echte Kloßvergnügen. Landschaften, die ich gar nicht beschreiben möchte, nur einen Link setzen, damit andere bei Gelegenheit vorbeischauen, nichts Großartiges, aber erfreuliche Anblicke. Ortsnamen, die notiert sein wollen. Wenn etwa die Poesie in die Landbewohner gefahren ist, irgendwann in ferner Vergangenheit, wer weiß warum und sie nennen einen Ort "Himmelreich", zum Beispiel. Sehr schön, wenngleich in anderer Art poetisch, auch "Hohenwulsch", durch das ich kam auf dem Weg nach Hamburg. Viel Verlassenes zwischen Berlin und Bitterfeld und Weimar, ein Osten der leer stehenden Häuser, blinden Fenster, windschiefen Schornsteine, der Gespenster von Vergangenheiten, die einander trösten wollen, sie wissen nur nicht wie, die schiefen Mäuler ihrer herabhängenden Fassaden. Bäume, die aus Ziegeln treiben. Halb aus ihren Rahmen gefallene Scheiben in Sprossenfenstern. Backstein in allen Schattierungen zwischen Rot, Grau, Schwarz. Ein Osten der untoten Stätten, der Anblicke, von niemandes Hand verschönert, weil mit dem Blick aus der Bahn nicht gerechnet wird, nur mit den Schritten der Touristen auf den nahe gelegten Wegen.

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Donnerstag, 23. Oktober 2003
Letzte Ruhe

Kleine Schildchen bei einigen Gräbern in die Erde gepfählt, auf dem Friedhof, durch den wir gingen der Abkürzung wegen, die es dann nicht war, weil man am anderen Ende nicht rauskam: „Ruhezeit abgelaufen“ oder „Angehörige bitte melden“. Von wegen „Letzte Ruhe“, denkt man sich. Weiter oben, Richtung Ausgang, den es nicht gab, eine kleine Villa, Bankiers-Familie Hansemann, daneben die Brüder Grimm, die uns entgangen waren, wir haben es erst auf dem Plan gesehen, als wir zurück waren am Ausgang, die Runde gedreht hatten, durch den ganzen Friedhof.

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V

Auf der Zugfahrt am Morgen beim Blick aus dem Fenster gewundert, dass die Vögel noch immer in akkurater V-Formation über den Himmel ziehen. An den Sachkunde-Unterricht gedacht, vor all den Jahren, und mich gefragt, wie lange ich schon nicht mehr nach oben gekuckt habe, diesen Herbst und die letzten.

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Dienstag, 14. Oktober 2003
unterwegs

Der Zugang zu den Gleisen im Foyer des Erfurter Hauptbahnhofs ist zugemauert, ohne Verputz, wie der Eingang des spanischen Pavillons auf der Biennale in Venedig. Die Stimme der Zugansagerin in Erfurt ist die erotischste Zugansagerinnenstimme, die ich je gehört habe. Wo die Intonation sonst in der Synthese der Informationen in ihrer Unnatürlichkeit künstlich wirkt, wird das Unnatürliche hier am Ende jeden eingespielten und durchgesagten Satz- und Informationsfragments zum Versprechen, das mit Zügen nichts zu tun hat. Auf dem Lido hat man die Badehäuschen, die Seite an Seite stehen im Rückraum des Strands, mit Folie geschützt vor den Unbilden des Winters, der kommt, ein Wall aus Sand ist davorgeschoben, end of season, beinahe menschenleer. An Coney Island denken müssen, wo ich einmal im Frühjahr war, vor der Saison. Auf der Biennale vor allem junge Menschen, mit Notizbüchern – und heften, in die sie kritzeln und malen, was sie vorfinden, in seltsam alteuropäischem Verständnis von Kunst, wie es scheint. Einen sah ich, der eine leicht vergilbte Ausgabe von Balzac, „Father Goriot“, als Notizbuch verwendete, mit dickem Filzstift die Seiten überschrieb. Am schönsten war, vielleicht, Kippenbergers U-Bahn-Schacht, in Venedig am absurdesten Ort, da man sich hier zumeist einem Verkehrsweg anheimgegeben findet, der nichts als Oberfläche ist, sich brechende, bewegte, unruhige und Nachts fernhin leuchtende, dem Wasser der Lagune.

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Sonntag, 5. Oktober 2003
Meschugge

«Ein Top-Manager als Präsidentschaftskandidat wäre gut», sagte Vize-Parteichef Andreas Pinkwart «Bild am Sonntag». (...) Ein solcher Präsident würde deutlich machen, dass das demokratische System durchlässig sei, begründete Pinkwart den Vorschlag.

Ja, genau. Von oben nach oben nämlich. Oder, nein, halt, doch eher von oben nach unten:

Der Anwärter auf das Amt des Bundespräsidenten müsse allerdings bereit sein, «den sozialen Abstieg auf das Gehalt eines Bundespräsidenten hinzunehmen».

[Netzeitung]

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