... Vorige Seite
Samstag, 4. Februar 2006
genug ist genug
knoerer
10:30h
Es hat kaum Sinn, über Dinge, die über Kriminalliteratur geschrieben werden in deutschen Feuilletons, viel zu sagen. Aber genug ist genug. Neulich erst in der SZ zur Eröffnung der verlagseigenen Krimibuchreihe (sic!) der Scheiß von Burkhard Müller, der halt keine Ahnung hat, bzw. seine arg beschränkten Kenntnisse ins Hanebüchene extrapoliert. Und jetzt das, in der NZZ: Ausserdem eignet dem Krimi ein beruhigendes Mass an Optimismus: Dass er eine Aufklärung (als konkreten Vorgang) erzählt, bestätigt das Vertrauen in die Aufklärung (als geschichtliche Errungenschaft).[q] Es stimmt halt nicht. Es ist halt Blödsinn. Da hilft es nicht, Thomas Wörtche herbeizuzitieren, der es besser weiß, wenn man nicht kapiert, dass Wörtche genau gegen diesen ahnungslosen Unfug immer schon anschreibt. (Und dabei hat Frau Polt-Heinzl offenbar Steinfest gelesen. Vertrauen in die Aufklärung? In echt?) Es gibt, das weiß ich wohl, Krimis, auf die das, was Evelyn Polt-Heinzl so ins blaue Allgemeine hineinbehauptet, zutrifft. Aber das ist, als sagte man von Romanen, sie erzählten in chronologischer Folge Geschichten und bestätigten darin das Bild von der Zeit, das wir haben. Ginge das durch im Feuilleton? (Ok, wahrscheinlich sogar schon.) (Und in keinem großen deutschen Feuilleton, außer in der ZEIT, die aber nicht gilt, weil sich das dortige Feuilleton von seiner durchweg waltenden totalen Ahnungslosigkeit freikaufen zu können hofft, indem es sich den Experten Tobias Gohlis als Kolumnisten hält - in keinem großen deutschen Feuilleton, sage ich, ist David Peaces "1974" besprochen worden, Gewinner jetzt auch, ganz zu Recht, des Krimipreises 2005. Also nicht gerade ein marginaler Kriminalroman. Fünf beliebige Seiten davon zerschreddern, das dürfen Sie mir glauben, jeden Aufklärungsoptimismus und führen den ganzen Feuilelton-Humbug ad absurdum.) ... Link Freitag, 3. Februar 2006
"blogtheorie"
knoerer
10:59h
Richtig: Nicht jeder Blogger ist Journalist. Den meisten Bloggern fehlt jegliches journalistisches Handwerkszeug. Professionelle Journalisten selektieren verschiedene Quellen und analysieren diese anhand von Fachwissen. Sie versuchen, sich bei der Recherche ein möglichst objektives Bild eines Sachverhalts zu schaffen, das unbeeinflusst ist von ihren eigenen sozialen Kontexten und Ansichten. Alle beteiligten Parteien anzuhören, ist unter anderem ein entscheidendes Charakteristikum von professionellem Journalismus. Falsch: Daran muss man Weblogs messen. Vielmehr: Grad ganz verkehrt. Bzw.: Wäre ja noch schöner. Oder auch: Das würde euch so passen. (Großartig: "Blogtheoretiker" Don Alphonso. Was man mit Rumkrakeelen so alles erreichen kann.) ... Link Mittwoch, 1. Februar 2006
east german revolution
knoerer
11:35h
Bei Woolworth im Ramsch für 99 Cent in der Reihe "East German Revolution" CDs mit Musik von Paul Dessau und Hanns Eisler. ... Link Freitag, 27. Januar 2006
the new world
knoerer
09:06h
Ich bin ein Terrence-Malick-Skeptiker, neben Schönem in seinen Filmen gibt es, finde ich, viel Pseudo-Philosophie, viel Pseudo-Poesie, da wird mehr abgebissen, als man kauen kann, da geht es um Ideen von Schönheit und Größe von Kunst, Film als Kunst, die mir mehr als suspekt sind. Neulich habe ich "Badlands" gesehen, den jeder großartig findet, fast jeder, mir schien das nur falsch, im Ton, im Milieu, auch als Fantasie der Heldin, als die ich es dann las, nicht überzeugend. "Days of Heaven" habe ich vor ewigen Zeiten gesehen, war begeistert, glaube mir aber nicht mehr. "Thin Red Line" fand ich grässlich. Ich bin jetzt trotz allem sehr neugierig auf "The New World", da den Film höchst zurechnungsfähige Leute faszinierend finden. Andere, nicht ganz so zurechnungsfähig, flippen völlig aus ("The New World" is a miracle. I’m glad I’m alive to see it."). Hm. (Forts. folgt) ... Link Donnerstag, 26. Januar 2006
fuckfuckfuck
knoerer
09:39h
Weiter geht's mit US-TV-Serien-Begeisterung. Die ersten sechs Folgen "The Wire" - das ist näher an europäischen Serienformaten, eine einzige Geschichte, die über eine ganze Staffel hinweg erzählt wird. Setzt ganz auf Naturalismus, was ich grundsätzlich weniger interessant finde als mehr melodramatische Formate. Aber die Szene, etwa, in der zehn Minuten lang fast wortlos eine Crime Scene untersucht wird, gehört zum Allergroßartigsten. Fast wortlos ist aber falsch, denn es gibt eine Serie von "Fuck" und "Fucking" und allen möglichen Abwandlungen des Worts, reiner Minimalismus, zehn Minuten lang, unterbrochen durch kein anderes Wort, immer nur "fuck", "fuck it", "fuckfuckfuck", wahnsinnig komisch. (Man kapiert übrigens nicht genau, was abläuft. Man bekommt es auch nicht erklärt. Wie überhaupt ganz wenig erklärt wird, nicht dieser Bogen wie bei "West Wing"-Folgen, wo der Nebel sich zuverlässig lichtet. Hier bleibt vieles ungelichtet.) Apropos "West Wing": Mit der aktuellen Staffel endet die Serie. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist: Aaron Sorkin, der nach vier Staffel ausgestiegene Schöpfer, hat ein neues Projekt, "Studio 7 on the Sunset Strip"; die Serie spielt hinter den Kulissen einer Comedy-Show. Aus dem Sorkin-Filmprojekt, von dem zwischendurch mal die Rede war, ist wohl nichts geworden. Umso besser: Fernsehen ist sowieso interessanter im Moment. ... Link Mittwoch, 25. Januar 2006
sozusagen
knoerer
08:30h
Im Zug Hans-Ulrich Treichels "Menschenflug" gelesen. Zu nahe liegt das Namens-Wortspiel trifle, aber es trifft, für mich, die Sache. "Durchhumorisiert" schreibt ein Rezensent, nur meint er's freundlich. Es gibt eine Schule deutscher Humor-Autoren, die zu oft "sozusagen" schreiben oder was sie schreiben, nur sozusagen schreiben, und in diesem "sozusagen" liegt ihre Sicht auf der Welt. Eine Schutzschicht. Was gesagt, gedacht, empfunden wird: nur "sozusagen". Im besten Fall vermischen sich da Diagnose und Symptomatologie. Bin da so durchgesurft, von sich leise kräuselnder Unerheblichkeit zu sich noch leiser kräuselnder Unerheblichkeit. Und draußen vor dem Fenster die Sonne, der kalte, klare Rauch aus Schornsteinen, das Eis auf den Flüssen. Die Schönheit der Eiszeit. Und in Berlin sehr praktisch: Hundescheiße kein Problem, steinhart gefroren. ... Link Dienstag, 24. Januar 2006
zecken
knoerer
15:52h
Zwischen Radolfzell und Überlingen (wollen Sie gar nicht wissen, wo das ist) steigen drei junge Männer ein, mit Hund. Sie setzen sich ins Fahrradabteil, wo ich auch sitze, mit ein paar anderen. Einer sitzt auf dem Boden, zwei sitzen auf den Klappsitzen an der Seite. Auch der Hund, der teils weiß ist und teils braun, auf dem Boden. Mir gegenüber einer der drei, ein Mensch, ganz Wulst, Basecap und Tattoos. Über Bauchwulst und Brustwulst spannt sich ein schwarzes T-Shirt, auf dem "Pit Bull" steht (bestimmt subkulturell präzise lesbar, aber nicht für mich). Das Handy klingelt und er teilt seinem Gesprächspartner, für alle hörbar, mit, dass er Tanja gefickt hat. Die beiden anderen Jungs lachen. Einer scheint sehr betrunken, der andere nicht ganz so sehr. Sie haben Bierflaschen in der Hand, die Gesichter sind gerötet. Sie sehen ganz anders aus als der Pit-Bull-Typ, eher wie normale Punks vom Lande. Sie sind laut und machen vulgäre Scherze, der eine ist, auf seine Art, beinahe geistreich, der andere ziemlich weggetreten. Sie verstehen sich bestens mit dem Pit-Bull-Typen, der aussieht wie ein Neonazi. Ein Neonazi, der Tanja gefickt hat. Meinen Glückwunsch. Eine Mädchen ist auch da, plötzlich, ich weiß gar nicht, wo sie herkommt, schwarz gefärbtes Haar mit Mittelscheitel, am Ansatz rötlich. Sie trägt auch ein schwarzes T-Shirt mit Pit-Bull-Aufschrift. Der Neonazi und sie kommen ins Gespräch, sie scheinen sich nicht zu kennen, aber sie haben gleich einen Draht. Der Neonazi sagt, dass er ein Neonazi ist. Dass er ein Jahr Stadtverbot hatte in Überlingen, aber jetzt nicht mehr. Die Punks lachen und grölen dazu. Was wollt ihr Zecken, sagt der Neonazi, aber er meint es kumpelhaft, freundlich. Die Zecken, sagt er zu dem Mädchen, die stecke ich alle ins KZ. Die Zecken grölen und lachen über den Scherz. Der Geistreiche der beiden: Da nehmen sie uns nicht, wir sind zu verlaust. Der Neonazi will das Mädchen überreden, mit ihnen in Überlingen auszusteigen. Will sie aber nicht, sie muss nach Hause, hat ohnehin den ganzen Tag Schule geschwänzt, sagt sie. Es gibt fünfzig Neonazis in Überlingen, sagt der Neonazi. Das hab ich aufgebaut. Stolzgeschwellter Brustwulst. Vielleicht ist auch alles Bullshit, ich weiß es nicht. Ich kann mir keinen Reim auf das alles machen. Und ob er wirklich Tanja gefickt hat? ... Link ... Nächste Seite
|
online for 8317 Days
last updated: 26.06.12, 16:35 furl
zukunft homebase
film
auch dabei fotoserien cinema vollständig gelesene blogs
new filmkritik
aus und vorbei
darragh o'donoghue
Youre not logged in ... Login
nasal Ein Leserbrief in der
morgigen FAZ: Zum Artikel "Hans Imhoff - Meister über die...
by knoerer (17.02.09, 19:11)
live forever The loving God
who lavished such gifts on this faithful artist now takes...
by knoerer (05.02.09, 07:39)
gottesprogramm "und der Zauber seiner
eleganten Sprache, die noch die vulgärsten Einzelheiten leiblicher Existenz mit...
by knoerer (28.01.09, 11:57)
|